HORIZONT 26/2020
report SCHWEIZ 17
25. Juni 2020
Vier
goldene
Effies
LSA feiert die Gewinner
am 30. Juni mit einer
virtuellen Gala
Von Bärbel Unckrich
Schweden und die Schweiz werden häufig miteinander verwechselt nicht nur, weil sie die gleichen
Anfangsbuchstaben teilen, sondern auch, weil beide als fortschrittliche Nationen gelten. Gegen
diesen Vergleich wehren sich die Schweden in der von Publicis entwickelten Kampagne für die
Frauenzentrale Zürich. Sie machen darin auf ein weit verbreitetes Problem in der Alpenrepublik aufmerksam: den Umgang mit Frauenrechten und die Haltung zum Thema Prostitution. In
einem zweiminütigen Video reden Schwedinnen und Schweden aller Altersklassen den Schweizern zu
diesem Thema ins Gewissen. Was in der Schweiz legal und gesellschaftlich akzeptiert ist, bezeichnet die
Frauenzentrale als Verstoß gegen die Menschenwürde. In Schweden wird die Nachfrage nach Prostitution bereits seit mehr als 20 Jahren dadurch gedämmt, dass Freier, Zuhälter, Menschenhändler und
Bordellbetreiber per Gesetz zur Verantwortung gezogen werden. Der Clip A message from Sweden to
the people in Switzerland hat breites Gehör gefunden: Er erzielte eine Reichweite von knapp 2,4
Millionen Kontakten über die klassischen Massenmedien TV und Print. Das Medienecho steigerte das
Interesse an den von der Frauenzentrale betriebenen Websites frauenzentrale.ch und stop-prostitution.ch und löste einen intensiven gesellschaftlichen Diskurs aus.
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort nach diesem Motto hat Heimat Zürich eine äußerst effektive
Banner-Kampagne für seinen Kunden Bank Cler realisiert. Der Hintergrund: Als der Wettbewerber Postfinance im Herbst 2018 ankündigte, dass seine bisher kostenlosen Konten fortan kostenpflichtig seien, schlug die kommunikative Stunde für die Bank Cler. Ihr Zak Kontext-Banner tauchte
neben allen redaktionellen Artikeln auf, die über die Neuigkeiten der Postfinance informierten, und
vermittelte potenziellen Neukunden eine simple, aber eindeutige Botschaft: Wer auch künftig gratis
Banking will, wechselt jetzt zu Zak. Diese kontextuelle Performance-Kampagne erwies sich als echter
Neugeschäftstreiber: Innerhalb von zwei Wochen konnten 72 Prozent mehr Kunden registriert werden
als im Durchschnitt in den vergangenen fünf Wochen zuvor. Am Tag der Schaltung des Kontext-Banners
hatte die Zak Landing Page viermal so viele Page Views wie in den Tagen zuvor. Die Anzahl der Downloads der Zak-App ist um 52 Prozent gestiegen. Dabei war die Aktion nicht nur effektiv, sondern auch
effizient: Für die Schaltung dieser zusätzlichen Werbemaßnahmen wurde das bestehende Mediabudget um gerade mal 2,3 Prozent erhöht. Vergleicht man den Erfolg des Kontext-Banners mit der
Gesamtkampagne, so folgt daraus die Erkenntnis, dass der Wirkungsfaktor des Banners 31,8-mal
höher ist als der Wirkungsfaktor der restlichen Maßnahmen der laufenden Kampagne.
E
iniges ist dieses Jahr anders
beim Effektivitätswettbewerb der Leading Swiss
Agencies (LSA). Die Effie
Awards Switzerland sind an das
Konzept des US-Lizenzgebers angepasst worden. Ziel der Neuerungen
ist es, den Wettbewerb stärker an
der Kommunikation im digitalen
Zeitalter auszurichten und die
Schweizer Gewinner besser mit internationalen Erfolgskampagnen
vergleichbar zu machen.
Zu den wichtigsten Veränderungen gehört das neue Kategorienkonstrukt, bestehend aus zehn Zielund acht Disziplinkategorien. Die
Zielkategorien definieren ein bestimmtes Kampagnenziel wie
Activation oder Brand Image.
Die neuen Disziplin-Kategorien
stehen für Kommunikationskanäle
wie Content Marketing, PR und
Design. Außerdem gibt es in dem
Einreichungsprozess einen neuen
Abschnitt namens Die Idee zum
Leben erwecken, in dem die Kreativ-, Kommunikations- und Mediastrategie sowie die kreative Arbeit
an sich näher erläutert werden
müssen. Last, but not least ist der
Juryprozess komplexer geworden.
In zwei Runden beurteilen jeweils
unterschiedliche Juroren die Einsendungen. Den Juryvorsitz hatte
Larissa Pohl, CEO von Wunderman
Thompson Germany inne.
Das Gremium hat unter allen
Einsendungen vier Arbeiten für
goldwürdig befunden. Daneben
gab es fünfmal Silber und zehnmal
Bronze. Alle 19 Preisträger sind bereits auf der HORIZONT-Website
vorgestellt worden. Geehrt werden
sie am 30. Juni im Rahmen einer
virtuellen Preisverleihung.
Digital Detox ist in Zeiten ständiger Erreichbarkeit ein Trend, der immer mehr
Anhänger findet. Spielen statt Gamen, Reden statt Chatten, Lieben statt Liken
das ist nicht nur die Devise derjenigen, die sich hin und wieder eine Auszeit
von ihren digitalen Devices gönnen, sondern auch das Motto der Kampagne
Mehr Abo braucht kein Mensch von M-Budget Mobile. Richtig
gehört: Ausgerechnet ein Telekommunikationsanbieter hat dazu aufgerufen,
etwas sparsamer mit dem Gebrauch des Smartphones umzugehen. Die
Migros-Tochter ist sogar noch einen Schritt weiter gegangen und hat die
moderate Nutzung von Mobiltelefonen mit besonderen Abos verknüpft: Wer
hier am Ende des Monats Datenvolumen übrig hat, erhält sogenannte Cumulus-Punkte, die er gegen Erlebnisse im echten Leben eintauschen kann. Wirz
Communications machte mit überspitzt inszenierten Anzeigen, Plakaten und
Werbespots auf das Angebot aufmerksam. 64 Prozent der im Rahmen eine
repräsentativen GfK-Online-Umfrage Befragten fanden es positiv, dass ein
Mobilfunkanbieter seine Kunden für die geringe Smartphone-Nutzung belohnt. Mithilfe der Kampagne konnte nicht nur die gestützte Markenbekanntheit von M-Budget Mobile, sondern auch die Anzahl der Abo-Abschlüsse
signifikant gesteigert werden. Insgesamt registrierte das Unternehmen
28 Prozent mehr neue Abos als im Vorjahreszeitraum. Das Ziel von 10 Prozent
mehr Abo-Abschlüssen konnte somit um 180 Prozent übertroffen werden.
Musik ist eine der wichtigsten Zutaten der neuesten Sorte des
Migros Kult Ice Tea. Als sich die Handelskette dazu entschlossen hatte, eine weitere Variante des bekannten alkoholfreien
Getränks auf den Markt zu bringen, war schnell klar, dass die Verbraucher mitbestimmen sollten, welche Geschmacksrichtung es werden
soll. Doch wie bringt man junge Konsumenten im hart umkämpften
Lebensmittelmarkt dazu, sich aktiv einzubringen? Wunderman Thompson hatte die Idee, fünf Basis-Teesorten und 30 weitere Zutaten in
musikalische Beats und Melodien zu übersetzen. Getreu dem Markenmotto Die Migros gehört den Leuten konnte anschließend jeder wild
drauflos mixen und komponieren. Um das Ergebnis in den sozialen
Medien teilbar zu machen, erstellte ein Algorithmus aus jeder Mischung
ein individuelles Ice-Tea-Beats-Musikvideo mit unverkennbaren MotionDesign-Elementen. Am Ende gab es vier Favoriten und ein User-Voting,
aus dem die Variante Wassermelone-Kiwi als Sieger hervorging, die es
dann letztlich auch dauerhaft ins Migros-Sortiment geschafft hat. Zuvor
wurden 75000 Kreationen online erstellt das Ziel von 25000 wurde
damit um mehr als 200 Prozent übertroffen. Rund um die Produkteinführung wurden 100 Prozent des neuen Geschmacks verkauft.
Wassermelone-Kiwi erwies sich darüber hinaus als Dauerbrenner: Auch
Wochen nach der Voting-Kampagne fand das Produkt 60 Prozent mehr
Käufer als bisherige Top-Ice-Tea-Neuheiten.
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