Mein Krimi
Sie fi el ins Wasser
und ging sofort unter
(Fortsetzung von Seite 22)
Es ist gegen 11.30 Uhr, als die Frauen
an den Rinderställen vorbei zum
Elbdamm gehen. Vom Buhnenkopf aus
werfen sie Steinchen in den Fluss. Ein
paar Minuten später taucht Irmgard
völlig aufgelöst an den Bauarbeiter-
wagen hinter dem Damm auf: Meine
Kollegin ist ins Wasser gefallen. Dann
rennt Irmgard Sack zum Gutshof weiter
und alarmiert Wilhelm Kranz. Der Buch-
halter des Volksgutes ruft Feuerwehr
und Polizei an. Doch sie fi nden von der
jungen Frau keine Spur mehr. Erst am
31. Mai 1959 wird die Leiche Hildegard
Sauls am Elbkilometer 370 bei Parey
angeschwemmt. Ein Angler wird gegen
8 Uhr auf den Körper aufmerksam und
zieht ihn an Land.
Kripo sieht keine Anhaltspunkte
Die Untersuchung scheint vorerst die
Version Irmgard Sacks zu bestätigen,
ihre Kollegin sei auf dem glatten Buh-
nenkopf ausgerutscht, sofort durch die
starke Strömung abgetrieben worden
und ertrunken. Dass die freundliche
und geachtete Vorsitzende der Be-
triebsgewerkschaftsleitung etwas mit
dem Tod der Referentin zu tun haben
könnte, das glaubt niemand.
Auch die Burger Kriminalpolizei sieht
keine Anhaltspunkte für ein Verbre-
chen. Erst, als der Vater des Opfers
Sturm läuft und der Fall der Mordun-
tersuchungskommission des Bezirkes
An der Blumenthaler Kanalbrücke
(hier die neue) verabredete sich der
Mörder mit seinem Opfer.
Foto: Bernd Kaufholz
Magdeburg übergeben wird, bekom-
men die Ermittler erhebliche Zweifel an
der Darstellung Irmgard Sacks.
Am 6. November 1959 werden Kranz
und Sack verhaftet. Die intensiven
Recherchen der Magdeburger Mord-
ermittler haben einen dringenden
Tatverdacht ergeben.
Schnelles Geständnis des Pärchens
Obwohl sich das Paar auf der Rückfahrt
von Blumenthal zur Burger Wohnungs-
verwaltung geschworen hat, unter
keinen Umständen die Wahrheit zu
verraten, gestehen der Betriebsleiter
und seine Mitarbeiterin bereits wäh-
rend der Voruntersuchung die Tat.
Ich habe Frau Saul von hinten einen
Stoß gegeben, gibt die Mörderin zu.
Sie fi el fl ach aufs Wasser und ging
sofort unter. Als sie nochmal hochkam,
war sie schon zwei Meter vom Buhnen-
kopf weg.
Am 22. Dezember 1959 beginnt vor
dem II. Strafsenat des Magdeburger
Bezirksgerichts der Prozess. Dabei
wird auch das Gespräch der Täter
unmittelbar nach dem Mord protokol-
liert: Wilhelm Kranz: ,Ich hätte nicht
gewusst, was ich hätte tun sollen,
wenn ihr beide wieder von der Elbe
zurückgekommen wärt. Irmgard Sack:
,Es war nicht allzu schwer.
Willi Kranz stirbt im Zuchthaus
Ein Gutachter beschreibt das Verhält-
nis zwischen den beiden: Frau Sack
konnte sich mit Kranz verständigen,
sie konnte seinen Befehlen gehorchen,
ohne dass sie nur ein Wort miteinander
sprachen.
Am 23. Dezember 1959 werden die An-
geklagten wegen gemeinschaftlichen
Mordes zu lebenslänglichen Zucht-
hausstrafen verurteilt. Kranz stirbt
Heiligabend 1968 im Zuchthaus Bran-
denburg. Sack kommt am 1. März 1978
durch einen Gnadenakt des Staatsrates
der DDR frei. Sie ist 67 Jahre alt.
Im Verwaltungsgebäude des Volksguts Blumenthal (inzwischen abgerissen)
alarmierte der Buchhalter im Mai 1959 nach dem Elbe-Sturz Hildegard Sauls
Polizei und Feuerwehr.
Foto: Klaus Franke
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