NIEDERSACHSEN MITTWOCH, 18. JANUAR 2017
Ausnahmefall wird zu Politikum KOPFTUCH-FORMEN
SEITE 6 NORDWEST-ZEITUNG NR.15
Häufiger
Fahrerflucht
begangen
UNTERRICHT
Wissenschaftler warnen vor Debatte um verschleierte Schülerin
HANNOVER / EPD In fast allen
norddeutschen Bundeslän-
dern hat die Zahl der Fahrer-
fluchten zugenommen. Ledig-
lich in Mecklenburg-Vorpom-
mern ist sie leicht rückläufig,
wie der NDR am Dienstag
meldete. In Niedersachsen
stieg die Zahl zwischen 2010
und 2015 um 14 Prozent auf
rund 47 500 Fälle pro Jahr. In
Hamburg zählten die Behör-
den 2015 knapp 18 000 Fahrer-
fluchten, ein Zuwachs von 8,6
Prozentpunkten im Vergleich
zu 2010. In Schleswig-Hol-
stein lag die Zahl bei rund
19 000 Fällen, ein Plus von 2,5
Prozentpunkten.
Bei den meisten Fällen
handelt es sich um Bagatell-
Delikte wie Parkrempler. Al-
lerdings werden häufig auch
Fahrerfluchten gemeldet, bei
denen Menschen zu Schaden
kamen. In Niedersachsen
wurden 2015 rund 2 700 Men-
schen bei Unfällen verletzt, in
denen sich der Unfallgegner
unerlaubt
entfernte.
Die
Gründe für Fahrerflucht sind
vielschichtig und reichen von
Alkoholfahrten über Fahren
ohne Führerschein bis hin zu
Erklärungen wie Ich habe
den Unfall gar nicht bemerkt.
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Die Abaja ist ein zumeist
schwarzes Ganzkörperge-
wand, das vor allem in
Ländern der arabischen
Halbinsel getragen wird.
Der Nikab ist ein Ge-
sichtsschleier, der zusätz-
lich zu einem Gewand wie
der Abaja getragen wird.
Der Nikab ist üblicherwei-
se schwarz, bedeckt das
ganze Gesicht und lässt
nur einen Sehschlitz frei.
Viele Politiker sehen im Tragen des Nikab in der Schule einen Verstoß gegen das Schulgesetz.
Politiker streiten um den
richtigen Umgang. In
diesem Fall trifft Reli-
gionsfreiheit auf Bil-
dungsauftrag.
VON ELMAR STEPHAN
BELM Im politischen Streit
um eine vollverschleierte
Schülerin aus Belm bei Osna-
brück haben Wissenschaftler
vor der Gefahr einer Radikali-
sierung gewarnt. Der Islamis-
mus-Experte Werner Schiffau-
er von der Universität Frank-
furt/Oder lehnt eine politi-
sche Diskussion um die voll-
verschleierte Zehntklässlerin,
die seit drei Jahren mit einem
Nikab im Unterricht sitzt, ab.
Es sei aus pädagogischen
Gründen nicht sinnvoll, aus
dem Fall eine Staatsaffäre zu
BÜCKEBURG / DPA Der Prozess
um den Mord an einer 42 Jah-
re alten Frau in Lauenau geht
nach zehn Monaten auf die
Zielgerade. Von Mittwoch (40.
Verhandlungstag) an ist mit
den Plädoyers zu rechnen,
teilte das Landgericht Bücke-
burg am Dienstag mit. Aus
Sicht der Staatsanwaltschaft
hat der Mann die Frau im Mai
2015 in Lauenau im Landkreis
Schaumburg erschlagen, um
mit einer Geliebten ein neues
Leben zu beginnen. Der Ange-
klagte bestreitet die Tat.
Zwei Tote bei zwei
Verkehrsunfällen
RONNENBERG / DPA Bei zwei
Unfällen bei Hannover sind
binnen weniger Stunden zwei
Menschen ums Leben gekom-
men. Bei Ronnenberg geriet
ein 86-Jähriger am Montag
mit seinem Wagen in den
Gegenverkehr, teilte die Poli-
zei mit. Am Abend verlor ein
54-Jähriger wohl aus gesund-
heitlichen Gründen beim
Rückwärtsfahren die Kontrol-
le über sein Auto und rammte
einen Zaunpfosten.
machen. Eine große Bühne
verhindere eine Lösung im
Sinne des Mädchens. Ich ha-
be immer ein Problem, wenn
Integration
prinzipienrei-
terisch verfolgt wird, sagte er.
Das Anlegen des Nikab könne
aus Sicht des Mädchens viele
Gründe haben. Er würde zu
einem weichen Kurs raten
und das Mädchen nicht unter
Druck setzen, was sie weiter
von der Gesellschaft entfrem-
de.
Nachdem der Fall im
Herbst bekannt wurde, zeigte
sich die Opposition im nie-
dersächsischen Landtag em-
pört. Die CDU-Fraktion warf
Kultusministerin Frauke Hei-
ligenstadt (SPD) in der Sache
Nichtstun vor und forderte
sogar eine Anklage gegen sie
wegen vorsätzlicher Verlet-
zung ihres Amtseides. Ange-
feuert wurde die Debatte
Würdenträger nehmen
Kabinett ins Gebet
TREFFEN
Bischöfe bei Ministerriege
VON GUNARS REICHENBACHS
HANNOVER Klerus trifft Kabi-
Mord-Prozess ist
auf der Zielgeraden
Unter Hidschab versteht
man in der Regel ein Kopf-
tuch. Er wird als dünner
Schal leger um den Kopf
getragen und bedeckt
meist auch den Hals.
nett: Katholische Würdenträ-
ger mit Bischof Norbert Trelle,
Bischof Franz-Josef Bode,
Weihbischof Wilfried Thei-
sing, Generalvikar Theo Paul,
und Felix Bernard vom Katho-
lischen Büro an der Spitze
nahmen am Dienstag die Mi-
nisterriege der Landesregie-
rung zum Jahresauftakt ist Ge-
bet freundschaftlich. Das
wichtigste Thema: Armut
und Armutsbekämpfung, so
Bischof Trelle. Aber auch die
zunehmende Zahl von Sonn-
tagsöffnungen im Handel
macht der Kirche Sorgen.
Für Ministerpräsident Ste-
phan Weil (SPD) ist die katho-
lische Kirche auch in einem
protestantisch
geprägten
Bundesland eine zuverlässi-
ge Partnerin. Wir ziehen an
einem Strang in die gleiche
Richtung, versicherte der Re-
gierungschef. Ohne die gro-
ßen Kirchen seien auch für
eine Landesregierung die
Herausforderungen nicht zu
bewältigen, betonte Weil, der
dem Thema Armut für die
Landesregierung einen hohen
Stellenwert einräumt.
Ein Streitpunkt: Der ge-
plante Islam-Vertrag mit mus-
limischen Verbänden. Dort
knirscht es gewaltig.
noch, als bekannt wurde, dass
die Familie der 16-Jährigen
vom Verfassungsschutz beob-
achtet wird. Vater und Bruder
des Mädchens sollen Mitglie-
der der in Deutschland verbo-
tenen islamistischen Organi-
sation Kalifatstaat sein und
Kontakt zu einem Gefährder
gehabt haben.
Die islamische Theologin
Silvia Horsch von der Univer-
sität Osnabrück sieht in der
Debatte Symbolpolitik. Von
den muslimischen Frauen
trüge nur eine Minderheit ein
Kopftuch, und davon sei es
wiederum eine verschwin-
dend kleine Minderheit, die
einen Gesichtsschleier anlege.
Verbote werden breit disku-
tiert, weil es Ängste in der Be-
völkerung vor einer Islamisie-
rung gibt, vermutet Horsch.
Problematisch sei, dass Dinge
verboten werden sollen, die
DPA-BILD: ROESSLER
als Symbole des muslimi-
schen Glaubens wahrgenom-
men werden. Das werde von
Betroffenen durchaus als Ab-
lehnung des Islam interpre-
tiert. Die Burka- und Nikab-
Debatte könnte daher zu
einer weiteren Radikalisie-
rung beitragen.
Die Diskussion in Nieder-
sachsen ist eingebettet in
einen europaweiten Streit um
den Umgang mit Kopftuch
und Verschleierung. In Frank-
reich ist das Tragen der Burka
verboten. Norwegen will den
Nikab aus Schulen und Uni-
versitäten verbannen, auch
die Niederlande wollen Nikab
und Burka verbieten. Die
Bundesregierung plant ein
Verschleierungsverbot
für
Beamte, die CDU in Nieder-
sachsen will Kopftuch und
Schleier in Gerichten verbie-
ten lassen.
Fachkräfte in Kommunen
besser bezahlt
TARIFRUNDE
Länder müssen nachbessern
HANNOVER / DPA Fachkräfte im
öffentlichen Dienst sind in
Niedersachsen häufig lieber
bei den Kommunen angestellt
als beim Land. Das hänge
auch mit der schlechteren Be-
zahlung der Beschäftigten
beim Land zusammen, erklär-
te Verdi-Landesbezirksleiter
Detlef Ahting am Dienstag in
Hannover. Bei den am Mitt-
woch beginnenden Tarifver-
handlungen sollten die Län-
der das anpassen. Es fehle
dort bei den höheren Entgelt-
gruppen eine sechste Ent-
wicklungsstufe, die es bei
Bund und Kommunen gebe.
Zum Auftakt der Tarif- und
Besoldungsrunde 2017 am
Mittwoch in Berlin fordert die
Gewerkschaft zudem finan-
zielle Verbesserungen in Höhe
von sechs Prozent für die Be-
schäftigten im öffentlichen
Dienst der Länder. Auch für
die Ausbildung von Nach-
wuchskräften müsse Nieder-
sachsen deutlich mehr tun,
kritisierte Ahting.
In Niedersachsen gibt es
laut Verdi-Angaben 81 470
Tarifbeschäftigte und 4000
Auszubildende. Beim Land
arbeiten 128 385 Beamte, bei
den Kommunen 17 305. Nie-
dersachsens Finanzminister
Peter-Jürgen Schneider (SPD)
ist Verhandlungsführer der
Arbeitgeberseite.
Die Burka ist ein in Afgha-
nistan verbreitetes weites
Gewand, das über den
Kopf gezogen wird und die
Frau bis zu den Zehenspit-
zen komplett verhüllt. Die
Augen sind hinter einem
feinmaschigen Gitter ver-
steckt.
Als Al-Amira bezeichnet
man einen Schleier, der
im Gegensatz zum Hid-
schab meist aus zwei Tei-
len besteht. Er wird eng
um den Kopf gebunden
und bedeckt auch den
Hals.
Der Taschador stammt
aus dem Iran und ist ein
schwarzer Ganzkörper-
schleier, der das Gesicht
frei lässt.
Der Chimar ist ein langer
Schleier, der zwar nicht
das Gesicht, aber den
Rest des Kopfes, die
Schultern und den Ober-
körper bedeckt.
c
KURZ NOTIERT
Vogelpest in Lüneburg
LÜNEBURG Das Vogelgrip-
pe-Virus H5N8 ist erstmals
seit dem erneuten Auftreten
des Erregers im November
2016 auch im Landkreis Lü-
neburg nachgewiesen wor-
den. Bei einer Stockente ha-
be das Friedrich-Loeffler-
Institut den Verdacht bestä-
tigt, teilte eine Kreisspre-
cherin am Dienstag mit.
Schmuggler angeklagt
BRAUNSCHWEIG Vor dem
Landgericht Braunschweig
muss sich seit Dienstag ein
54-Jähriger wegen gewerbs-
mäßigen Schmuggels ver-
antworten. Ihm wird der
Autoimport aus den USA in
109 Fällen vorgeworfen.
Finanzminister verzichtet auf weitere Schulden
GELD
Schneider gibt Ermächtigung über 1,2 Milliarden Euro zurück Schwarze Null schon 2016
VON GUNARS REICHENBACHS,
BÜRO HANNOVER
HANNOVER Niedersachsen
nimmt Abschied von der
Schuldenpolitik. Finanzmi-
nister Peter-Jürgen Schneider
(SPD) kam bereits im letzten
Jahr ohne neue Kredite für
den Landeshaushalt aus. Da-
mit geht 2016 in die Landes-
annalen ein. Die Schwarze
Null hat kein Finanzminister
in den 70 Jahren des Be-
stehens von Niedersachsen
seit dem 2. Weltkrieg ge-
Erfreut: Peter-Jürgen Schnei-
der (SPD)
DPA-BILD: HOLLEMANN
schafft. In der Kabinettssit-
zung am Dienstag gestand
Schneider der Ministerrunde,
dass er glücklich sei. Eigent-
lich seien für den Haushalt
2016 noch 1,2 Milliarden Euro
neue Schulden vorgesehen
gewesen und vom Landtag
auch gebilligt worden. Dank
sprudelnder
Steuereinnah-
men aufgrund der glänzen-
den Konjunkturdaten konnte
der Finanzminister diese Er-
mächtigung wieder zurück-
gegeben. Kein Bedarf trotz ho-
her Ausgaben für die Flücht-
lingsversorgung.
Mit der Schwarzen Null er-
reicht die rot-grüne Landesre-
gierung bereits vorzeitig das
Ziel der Schuldenbremse in
der Landesverfassung exakt
vier Jahre vorher. Gleichzeitig
investieren
wir
in
die
Infrastruktur des Landes und
bewältigen eine Vielzahl neu-
er Aufgaben, betonte Schnei-
der nach der Kabinettssit-
zung.
Ein kleiner Unsicherheits-
faktor bleibt dennoch. Spitz
abgerechnet wird der Haus-
halt 2016 erst im Frühsom-
mer. Dann werden auch noch
die letzten Zahlen über Ausga-
ben und Einnahmen ver-
bucht. Doch auch nach dem
vorläufigen Kassen-Abschluss
wird sich voraussichtlich
nichts mehr in der Nachbe-
rechnung an der Schwarzen
Null ändern.
Die FDP sieht keinen An-
lass zum Feiern. Schneider
habe die Schwarze Null aus
reinem Glück erreicht, sagt
der FDP-Finanzexperte Chris-
tian Grascha: Die Schwarze
Null konnte nicht wegen Rot/
Grün, sondern trotz Rot/Grün
erreicht werden.
Vogelgrippe: Woher kommt der gefährliche Erreger? P OLDENBURGER LAND, SEITE 11 DPA-BILD: Mittwoch, 18. Januar 2017 OLDENBURG Große Hochzeitsmesse In den Weser-Ems-Hallen findet an diesem Samstag und Sonntag die Hochzeits- messe statt. Etwa 70 Aus- steller zeigen in der Messe- halle 3 jeweils von 10
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